Gescheiterter Mühlehof-Wettbewerb

25.06.2013

Stellungnahme der CDU-Gemeinderatsfraktion in der Gemeinderatssitzung vom 25. Juni 2013

Die Bürger erwarten von der Politik, dass sie Probleme löst. Das gilt auch für den Mühlehof. Inzwischen werden Gemeinderat und Stadtverwaltung belächelt, weil sie nur eines tun: Das Problem vor sich herzuschieben. Man will das Betttuch an fünf Ecken gleichzeitig halten – ein bisschen Abriss, ein bisschen Erhaltung, ein bisschen Sanierung. Was wir brauchen, und das zeigt auch der gescheiterte Wettbewerb, sind Entscheidungen und der Willen, diese dann auch umzusetzen und sich nicht immer auf halbem Weg wieder davon zu verabschieden. Dazu gehört auch, sich die miserable Situation des Mühlehofs einzugestehen – doch die Verwaltung hat bisher den Gemeinderat nicht einmal über das Ergebnis der Verrauchungsaktion beim Mühlehof unterrichtet.


Der Wettbewerb war der gut gemeinte Versuch voranzukommen. Inzwischen ist aber die Ausgangsposition offenbar in Vergessenheit geraten:
- Wir als Gemeinderat wollten zuerst einen städtebaulichen Wettbewerb. Das war Basis des Beschlusses vom 25. Oktober 2011. Daraus wurde dann auf Vorschlag der Stadtverwaltung ein Investorenwettbewerb. Durch den städtebaulichen Wettbewerb sollte geklärt werden, wie für den Fall des Abriss des Mühlehofs eine Nachfolgebebauung auf dem Areal aussehen könnte.


- Basis war eine zuvor stattgefundene Bürgerbeteiligung in Form einer Bürgerversammlung und eines Internetforums. Dabei zeigte sich, dass die Akzeptanz einer neuen Kulturhalle größer ist, wenn das jetzige Mühlehof-Areal als Standort beibehalten wird. Und wir wurden immer gefragt, wie eine Nachfolgebebauung aussehen kann – darauf wollten wir durch den Wettbewerb Antworten geben


- Gleichzeitig lag ein Sanierungsgutachten für das Bestandsgebäude Mühlehof vor, das mit Kosten von 30 Millionen Euro abgeschlossen ist. Durch einen Wettbewerb sollte geklärt werden, was für den Steuerzahler wirtschaftlicher ist: die Sanierung oder Abriss mit Neubau.


- Wenn alle Zahlen vorliegen, sollte in einer breiten Bürgerbeteiligung der für die Stadt wirtschaftlichste und städtebaulich beste Weg ausgelotet werden. Eine Fraktion hatte gar schon den Antrag auf einen Bürgerentscheid angekündigt. Anliegen des Gemeinderats war jedenfalls, nicht über die Köpfe der Bürger zu entscheiden.


Jetzt fällt uns das Bemühen, die Lösung quasi zusammen mit den Bürgern zu entwickeln, vor die Füße. Wenn wir in einem Kommentar im MT lesen, der Gemeinderat habe die Strategie verfolgt, sich moralische Rückendeckung durch fremde Ideen- und Geldgeber zu verschaffen und damit zentrale Weichenstellungen zur Stadtentwicklung nach außen zu delegieren, so ist dies eine absolut schräge Argumentation und ist falsch. Auch die Forderung in den Berichten von PZ und MT vor dieser heutigen Sitzung, die Stadt müsse zuerst ihre Hausaufgaben machen, verkennt vollkommen, dass viele Bürger sich erst dann ein Bild machen wollen, wenn klar ist, was auf dem Mühlehof-Areal entstehen könnte. Und so geht es auch Stadträten, nachzulesen im Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 25. Oktober 2011. Und wenn wir etwas durchboxen wollen, sind die Medien die Ersten, die zurecht aufschreien und fordern, man müsse die Bürger mitnehmen.


In den Stellungnahmen von Drees & Sommer und Vögele heißt es mehrmals als Begründung für das Ausbleiben von Investorenbewerbungen, es fehle die politische Sicherheit, die Zeitspanne bis zur Realisierung sei zu lang und es bestünden Zweifel an der Realisierungsabsicht. Angesichts der Vorgeschichte wird deutlich, dass es hier etwas gibt, was bisher in der öffentlichen Diskussion völlig unterging: Es gibt einen klaren Konflikt zwischen dem ehrlichen Bemühen des Gemeinderats, die Bürger am Verfahren zu beteiligen einerseits und den Terminvorstellungen von Investoren andererseits.
Bürgerbeteiligung kostet Zeit. Wer Bürgerbeteiligung ernst meint, darf aber nicht zu Beginn sagen: So wird’s gebaut und nicht anders.


Allerdings hätte der Gemeinderat auch zusätzliche Unsicherheiten herausnehmen können, die eine weitere zeitliche Hypothek bedeutet haben:


- Das immer wieder neue Zerreden der Terminpläne nach dem Motto: Nicht vor der Gartenschau. Wer einen Wettbewerb bei nur einer Gegenstimme startet und sich dann offen hält, wann gebaut werden soll, muss sich nicht wundern. Die CDU-Fraktion hat deshalb immer gesagt, für uns kommt auch ein Baubeginn vor der Gartenschau in Frage und wir sind bereit, einem Abriss zuzustimmen.


- Wer dafür gestimmt hat, Vorschläge für einen Wettbewerb auszuarbeiten, dann aber einen solchen Wettbewerb schon nach wenigen Monaten ablehnt, trägt zu dem Bild nach außen bei, dass zumindest Teile des Gemeinderats nicht wissen, was sie wollen.


- Und wer plötzlich wieder von der Sanierung redet, als Laie das Gutachten von Fachleuten einfach anzweifelt, ohne seine Zweifel an der Aussagekraft des Gutachtens sachlich begründen zu können, baut einen zusätzlichen Unsicherheitsfaktor ein.


Man hat also eine schwierige Situation – den Versuch, den zeitlichen Aufwand einer Bürgerbeteiligung mit den knappen Fristen von Investoren unter einen Hut zu bringen – mit zusätzlichen Unsicherheiten in der öffentlichen Diskussion befrachtet. Und das ging gründlich schief.


Wo stehen wir nun? Wir stehen wieder dort, wo wir vor dem 25. Oktober 2011 standen.


Wir haben ein Sanierungsgutachten für ein Gebäude mit Kultursälen, deren Bedarf unstrittig ist, und einigen Tausend Quadratmetern gewerblicher Flächen, die niemand zu einem Preis haben will, der die Sanierungskosten der Stadt refinanziert. Ob es nun 25, 30 oder 35 Millionen Euro Sanierungskosten sind, bei einer schon jetzt wegen Brandschutz nur eingeschränkten Nutzung des großen Saales- das ist keine zukunftsträchtige Lösung. Ob nun jedes Jahr ein „paar Milliönchen“ aufgewendet werden oder der Betrag in kürzer Zeit fällig wird, entscheidend ist, was die Sanierung dann unterm Strich kostet. Sie ist unwirtschaftlich, wenn sie teurer ist als ein Neubau – egal, ob die Beträge nun über Jahre ausgegeben worden sind oder in einer kürzeren Zeitspanne. Und wer Zweifel an den 30 Millionen Euro hat, muss dies hieb- und stichfest begründen können und darf sich nicht auf seine Bauchgefühle verlassen und pauschal von einem Gefälligkeitsgutachten sprechen. Das ist – auch politisch – gefährlich, weil es dann aus Mangel an Finanzen nie eine Lösung geben wird. Wir haben bisher kein Argument gehört, das die 30 Millionen Euro erschüttert hat. Eine Sanierung ist nicht zu bezahlen. Ein Kollege im Gemeinderat hat darauf hingewiesen, dass die Sanierung des Theodor-Heuss-Gymnasiums fünf Millionen Euro kostet – ohne beendet zu sein. Bei einem wesentlich kleineren Gebäude, da soll der Mühlehof keine 30 Millionen Euro kosten?
Also: Bleibt uns nur, die neue Kulturhalle an einem anderen Standort unterzubringen. Standort-Varianten liegen auf dem Tisch: Goethestraße oder Feuerwache-Gelände. Das heißt: Abriss des jetzigen Mühlehofs und ausschließlich gewerbliche Nutzung. Wir brauchen einen Standort, der schnell zu realisieren ist. Sonst suchen wir in zehn Jahren noch nach einer Lösung für den Mühlehof. Niemand darf auf Zeit spielen in der Hoffnung, das Problem aussitzen zu können.


Das alles muss aber rasch geschehen. Die jetzt gemachte Erfahrung zeigt. Wir können die Entscheidungsfindung in Gemeinderat und Bürgerschaft nicht so koppeln wie geplant. Wir brauchen zuerst klare Beschlüsse des Gemeinderats – entweder sind die Bürger damit einverstanden oder sie müssen Unterschriften dagegen sammeln. Aber dann gibt es wenigstens eine klare Diskussionsgrundlage.
Der Aufhebung des Wettbewerbs stimmen wir zu, weil wir auf diesem Weg nicht weiterkommen.
Die CDU-Fraktion geht mit folgenden Positionen in die Klausurtagung des Gemeinderats:
- Wir wollen nicht immer mehr Geld in ein marodes Gebäude stecken mit allen Problemen des Brandschutzes
- Wir sind für den Abriss und dessen zügigem Vollzug. Der Kulturbetrieb muss überbrückt werden
- Gleichzeitig muss das jetzige Mühlehofareal zur gewerblichen Nutzung ausgeschrieben und der Standort für eine neue Kulturhalle festgelegt werden.


 

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