20.05.2009
Stadträte Günter Bächle und Matthias Trück
Akteneinsichts-Ausschuss Mühlehof des Gemeinderats Mühlacker
Chronologie der Ereignisse seit 2002 anhand der handschriftlichen Notizen während der drei Einsichtnahme-Termine
- 2002 Firma Südleasing in Brief an RA Westermann: Sanierungskosten 5 Mio. Euro, Vermarktung des Gesamtobjekts angeboten
- 17.2.2002 Konkretes Angebot der Südleasing mit Finanzierungs- und Handlungsalternative. Objektgesellschaft vorgeschlagen, als Betrieb gewerblicher Art der Stadt zu führen. Gesamtinvestition: 3,5 Mio. Euro Kaufpreis und 5 Mio. Euro Sanierungskosten
- 15.3.2002 Gespräch mit Fa. REWE: Wollte ins Erdgeschoss des Mühlehofs, beklagte Einbußen durch die Drehscheibe von 25 Prozent
- 30.3.2002 Stadt an Hypovereinsbank: Im Dachbereich große Sanierungsmaßnahmen notwendig
- 3.6.2002 Brief Veigel als Eigentümer des gewerblichen Teils: Gesamtobjekt Mühlehof zu verkaufen. Brief Südleasing
- 11.6.2002 Aktenvermerk OB. Bringt Verpachtung der TG an Fa. APCOA ins Gespräch
- 22.7.2002 Im Gemeinderat Fondsmöglichkeit zur Kenntnis gegeben, aber Angebot nicht vorgelegt
- 1.10.2002 Aktenvermerk Grundstücks- und Gebäudemanagement über Sanierungs- und Reparaturkosten. Kernaussagen: Treppen Minimal marode, Mobiliar des großen Saals abgewirtschaftet, Heizkessel vom Kaminfeger abgesprochen
- 23.10.2002 Schriftsatz RA Westermann mit Vorschlägen fürs weitere Verfahren
- 14.11.2002 Untersuchung Klauss/Zellner ergibt für Gemeinschaftseigentum Sanierungsbedarf von 985.000 Euro
- 21.1.2003: Braschel Consult GmbH unterbreitet der Stadt ein Angebot für Dienstleistungs- und Vermarktungstätigkeiten zum Preis von pauschal 29.900 Euro, von denen die Stadt 50 % tragen müsste. Die übrige Hälfte die Hypovereinsbank
- 16.4.2003 Bilgery (Zwangsverwalter)/Kautter: BM sichert zu, die Ansiedlung von Gewerbe (war wohl zentrenrelevanter Einzelhandel gemeint) am Stadtrand zu verhindern. Zwangsversteigerung des gewerblichen Teils solle verhindert werden. Kautter beklagt „Dachundichtigkeiten“
- 11.6.2003 BM Pisch bringt Scheck-in-Markt ins Gespräch
- 4.7.2003 Braschel-Gutachten zum Honorarpreis von 9191,26 Euro zur Ermittlung des Sanierungsbedarf
- 29.7.2003 Angebot Hypovereinsbank an Stadt. Kauf des gewerblichen Teils für 3,5 Mio Euro
- 22.7.2004 Dipl-Ing. Zellner erstellt für Grundstücks- und Gebäudemanagement Entwurfsplanung fürs Basement
- 11.9.2004 Bonitätsprüfung Badenia
- 14.10.2004 Brief von Echo an BM Pisch mit Aussagen: Kaufpreis für das Gesamtobjekt 3,5 Mio. Euro, nur das Erdgeschoss könne voll realisiert werden, das 1. OG, wenn überhaupt, nur bedingt.
- 22.10.2004 Bay. Hypovereinsbank an Fa. Echo: Bezieht sich auf ein Gespräch mit Echo am 5.10.2004 und das Angebot der Fa. Echo für einen Realisierungszeitraum von 12 bis 15 Monaten. Gesamtkaufsumme soll von 3,5 auf 2,75 Mio Euro reduziert werden. In einem Gutachten (Dipl-Ing. Fallert) vom 16.9.2004 wird der Verkehrswert des gewerblichen Teils mit 3,3 Mio. Euro angegeben
- 26.10.2004 Info Gemeinderat auf Antrag der SPD-Fraktion: Verwaltung schreibt pauschal von Interessenten. Sie nennt weder Namen noch Zahl der Interessenten. Aussage: „Allerdings ist ein konkretes Angebot von keiner Seite eingereicht worden.“
- 20.1.2005 Badenia bestätigt OB Gesprächstermin
- 19.1.2005 Echo an Pisch (Projekt „in 2 Schritten vollziehen“) mit der Mitteilung, Echo habe den Architekten Schmidt beauftragt, einen gestalterischen Lösungsvorschlag zu erarbeiten
- 20.1.2005: Aktenvermerk Ertl (GGM): Alles ist mit dem OB abzustimmen
- 31.1.2005 Badenia an OB: 1,2 Mio. Euro bei Verkauf des kulturellen Teils an Badenia, nächster Besprechungstermin wird für 14.2.2005 vereinbart
- 24.2.2005 IUK (Information und Kommunikation, sprich: Amtsleitergespräch). Überlegungen für eine städtische Gesellschaft. RA. Westermann schlägt vor, den gewerblichen Teil für ein paar Jahre auf die Stadt zu übernehmen
- Die Vereinbarung des Besprechungstermins Echo/OB 10.3.2005, 10 Uhr, erfolgte am 24.2.2005. Echo-Schreiben: Hoffnung, “dass wir uns über den Kaufpreis verständigen werden“.
- 8.3.2005 Überlegungen zum Kaufvertrag mit Echo
- 10.3.2005: Termin mit Echo. Architekt Schmidt präsentiert seinen Planungsvorschlag. Wird als interessante Lösung bezeichnet. OB: Das Thema soll zwischen dem 10.3. und 14.6.2005 im Gemeinderat behandelt werden
- 14.3.2005 OB-Brief an Badenia sowie an Echo
- Schreiben des OB vom 14.3.2005 an Echo: Basis sei das Gespräch OB/Echo vom 10.3.2005. Auf 3 Seiten geht es konkret um die Rückmietung des kulturellen Teils. Am 10.3.2005 wurden Überlegungen zu einem Kaufvertrag Stadt/Echo besprochen.
- Antwort Echo 29.3.2005 an OB: Nicht nur zur Sanierung bereit, sondern vielmehr zu umfangreichen Umbauarbeiten. Das Angebot des OB zum gemeinsamen Auftritt bei der Gläubigerbank wird angenommen.
- 15.3.2005 Kautter zitiert in einem Aktenvermerk RA Westermann, wonach alle Kontakte und Schriftstücke zum Thema Mühlehof nunmehr über den OB laufen
- 17.3.2005 Aktenvermerk BM Pisch: Er gehe nach dem Aktenvermerk vom 15.3. nun davon aus, dass das Dezernat I nunmehr die Bearbeitung übernimmt
- 22.3.2005: Der OB setzt den CDU-Antrag zum Mühlehof (Vorlage 062/2005) gegen den Widerspruch der Antragsteller von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung vom 22.3.2005 ab. In einem Schreiben vom 1.4.2005 an die CDU-Fraktion begründete er dies damit, dass a) das Thema erst am 26.10.2004 behandelt worden (die Sechs-Monate-Frist somit nicht verstrichen sei und sich b) der Sachstand gegenüber dem 26.1.2004 sich „nicht völlig verändert“ hat
- 29.3.2005 Badenia zieht zurück
- 29.3.2005 Echo an OB: Realisierungszeitraum ca. 2 Jahre, reine Bauzeit 10 bis 12 Monate
- Echo am 29.3.2005 weiter: Kauf- und Mietvertrag sollen noch April/Mai 2005 vorliegen. Echo geht davon aus, dass die Stadt ihre Planungshoheit nutzt, um großflächigem Einzelhandel außerhalb des Kernbereichs entgegenzuwirken
- 1.4.2005 OB bietet der Sparkasse das Projekt an (Dr. Müller, stv. VV der Sparkasse, gibt am 3.5.2005 einen negativen Bescheid)
- Brief der Österreichischen Volksbank AG an Echo-Geschäftsführer Schöckler am 14.4.2005: Gerne bereit, die 12 Mio. Euro für Erwerb, Entwicklung und Realisierung des o.g. Projekts (Mühlehof Mühlacker) bereitzustellen
- RA Westermann empfiehlt (Schriftstück ohne Datum) zwei Jahre Entwicklungs- und Realisierungszeitraum
- Gespräch 3.5.2005 der Echo-Vertreter beim OB. OB erklärt: Die Stadt erwirbt den gewerblichen Teil nicht
- Amt 20 berechnet die Nettobelastung der Stadt durch Rückmietung des kulturellen Teils und beziffert diesen auf 6,280 Mio. Euro. Amt 20 geht dabei von einem Verkaufspreis für den kulturellen Teil von 1,53 Mio. Euro aus
- GR 3.5.2005, abends: Der GR beschließt grundsätzlich, mit potentiellen Partnern wegen eines Gesamterwerbs des Gebäudes und eine Rückmietung des Kulturbereichs durch die Stadt zu verhandeln
- 10.05.2005 Ältestenrat
- 20.5.2005 RA Westermann zum Vertrag mit Echo
- 20.5.2005 Stadt schreibt an Badenia
- 31.5.2005 Echo an Schütterle: 12 Mio Euro für Mühlehof zugesagt, davon 9 Mio. Euro für Investitionen
- 30.5.2005 Thema im GR, Firmen Echo und Badenia stellen sich vor
- 31.5.2005 erneute nö Beratung im GR
- Brief der Fa. Echo am 6.6.2005: „Als Konzept verfolgen wir die Umsetzung der Studie“
- 7.6.2005 GR
- 13.6.2005 GR (Verkaufsbeschluss)
- Echo GmbH bekam vor dem Kauf des Mühlehofs alle zur Verfügung stehenden Unterlagen wie das Braschel-Gutachten
- Echo ließ eine Grundschuld über 3,072 Mio Euro bei der Immo-Bank AG, Wien, eintragen
Am 19.10.2005 schrieb Echo einen Brief an die Stadt wegen „noch zu klärender Verantwortlichkeiten“ (Brief an OB, an BM zKt.)
- Wir planen keine Übernahme der Toiletten am Abgang Kiosk
- Zulässigkeit der Überbauung, gegebenenfalls Schließung des TG-Zugangs beim Rathaus
- Festlegung der Anzahl der Stellplätze auf dem Kelterplatz (10 für Anlieferung und Behinderte)
- Zulässigkeit von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb des Kerngebiets im Sinne einer Verhinderung dessen
- Abstimmung eines einheitlichen Werbekonzepts
- Inanspruchnahme des Kelterplatzes für mögliche Umbauleistungen der TG, neue Zufahrt zwischen Scharfes Eck und Mühlehof zur TG sowie Abtrennung der TG Mühlehof
Am 30.11.2005 fordert Echo einen Nachtrag zum Vertrag wegen Vor- und Wiederkaufsrecht
Am 27. 12. 2005 Kaufangebot der Stadt für den gewerblichen Teil angenommen
Der von der Stadtverwaltung ohne Grats-Beschluss eingeschaltete Vermittler Gaerner, der Echo „brachte“, bekommt von der Stadt 30.000 Euro Provision.
- Oktober 2006: Gespräch OB/Sämann/Witte wegen Lebensmittelmarkt-Plänen von Sämann
- 21.12.2006: Echo an OB: neues Planungsbüro, Überarbeitung der Konzeption in großen Teilen abgeschlossen
- 30.5.2007 Sparkasse kündigt Auftrag von Echo, Mieter für gewerbliche Flächen zu suchen
- 15.6.2007: Echo an Sämann: Gemeinsames Interesse die Öffnung der Fußgängerzone
Schlussfolgerungen:
- Die Einsichtnahme in die Akten hat gezeigt, dass der Gemeinderat seit 2002 nicht laufend und ausreichend über alle Vorgänge informiert wurde. Auf Anfragen und Anträge von Gemeinderatsfraktionen wurden 2004/05 nur ausweichend Antwort gegeben, obwohl die Gespräche z.B. mit der Echo GmbH im Gange waren.
- So setzte der Oberbürgermeister am 23.03.2005 einen Antrag der CDU-Fraktion nach einer umfassenden Information des GR ab, obwohl die Gespräche mit Echo und dem Mitbewerber Badenia schon in fortgeschriebenem Zustand waren.
- Die Gespräche mit der Firma Echo GmbH dauerten schon sieben Monate an, bis der GR am 3. Mai 2005 erstmals unterrichtet wurde.
- Die Fa. Badenia stellte sich im Mai 2005 dem Gemeinderat vor, obwohl sie ihre Bewerbung bereits am 29.3.2005 zurückgezogen hat. Man muss deshalb den Eindruck haben, dass es eine reine Alibiveranstaltung war, um dem GR eine scheinbare Alternative bieten zu können.
Dieses Verhalten widerspricht dem § 43, Absatz 3 Gemeindeordnung Baden-Württemberg. Danach hat der Bürgermeister (OB) den Gemeinderat über alle wichtigen die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu unterrichten und bei wichtigen Planungen den Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstellungen der Gemeindeverwaltung sowie laufend über Stand und Inhalt der Planungsarbeiten zu informieren.
In der Kommentierung heißt es: „Der Gemeinderat muss sich als das für die wichtigsten Entscheidungen verantwortliche Hauptorgan der Gemeinde stets ein Bild davon machen können, was in der Gemeinde und in ihrer Verwaltung geschieht.“ (Kunze/Bronner/Katz)
Durch die ausgebliebene Information des Gemeinderats hatte dieser keine Möglichkeit, falls gewollt, schon im Verfahren korrigierend einzugreifen.
Die CDU-Fraktion stellt fest: Die Informationspflicht des OB gegenüber dem Gemeinderat nach § 43, Abs. 3 GemO ist verletzt worden. Das ist zu rügen. Da der Oberbürgermeister laut Aktenvermerk vom 15.3.2005 die Verhandlungen an sich und sein Dezernat zog, liegt die Verantwortung einzig bei ihm.