03.03.2020
CDU-Gemeinderatsfraktion Mühlacker zum Haushaltsplan 2020 der Stadt Mühlacker - Zustimmung mit Erwartungen verbunden - Gebäude und Straßen, damit die gebaute Infrastruktur, sind das Eine, was eine Stadt attraktiv macht. Einwohner, die sich für diese Stadt in vielfältiger Weise wie zum Beispiel bei den Bürgerprojekten einbringen, sind das Andere.
Günter Bächle, Fraktionsvorsitzender, in der Gemeinderatssitzung vom 3. März 2020:
Heute fange ich mit den drei A an: Aufträge, Anträge, Anfragen. Wie viel der vom Gemeinderat dadurch ausgelösten zusätzlichen Arbeit verträgt die Verwaltung? Ich zitiere dazu aus einem Brief: "Ihr Ersuchen, das Amt möge einen Entwurf aufstellen und Ihnen zur Kenntnis unterbreiten, kann das Amt mit dem besten Willen nicht entsprechen, weil augenblicklich und noch Monate hinaus das technische Personal des Bauamtes mit anderen dringenden Aufträgen vollauf beschäftigt ist."
Doch der Brief stammt nicht aus dem Mühlacker Rathaus, obwohl diese Worte in verdächtiger Nähe von Äußerungen stehen, die auch hier schon gefallen sind. Alles bereits einmal dagewesen. Es ist das Antwortschreiben des Straßen- und Wasserbauamtes in Ludwigsburg an das Schultheißenamt Lienzingen, geschrieben am 29. August 1928.
Sechs Tage zuvor hatte der Lienzinger Schultheiß Karl Brodbeck von der Landesbehörde gefordert, an Planung und Bau einer "Auto-Umgehungsstraße" heranzugehen, da der Auto-Verkehr sich in den letzten Jahren sehr gesteigert habe und - man höre und staune über so viel Weitsicht (!) - sich ohne Zweifel noch viel, viel mehr steigern werde. Gebaut wurde diese Umgehungsstraße dann 1950/52 als Bundesstraße 35.
Zurück ins Jahr 2020. Ich nehme den roten Faden auf und sage: Die in dem Haushaltsplan veranschlagten Vorhaben wurden von der Verwaltung in den Entwurf eingestellt. Wir gehen davon aus, dass die Verwaltungskapazitäten bei normalen Verhältnissen ausreichen, diesen Etat auch umzusetzen, wiewohl wir wissen, dass die Verabschiedung zu spät ist.
Nach der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht werden nicht mal neun Monate bleiben, um aus Haushaltsansätzen reale Taten werden zu lassen.
Aber das ist der Umstellung auf das neue Haushaltsrecht geschuldet. Wir möchten jedoch zurück zur Verabschiedung des Etats vor Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres - die Verwaltung strebt dies sicherlich auch an.
Die CDU-Fraktion will mit der Zustimmung zu diesem Haushalt 2020 erreichen,
dass
- die Voraussetzungen geschaffen werden, um spätestens 2021 mit dem Wohnungsbau im Ziegelei-Areal beginnen zu können
dass
- die Planung für den Bildungscampus im Lindach so vorangebracht wird, damit Anträge auf Staatsbeiträge gestellt werden können. Eine erste Klärung erwartet die CDU-Fraktion von der Klausursitzung des Gemeinderates am 27. März.
dass
- wir als Gemeinderat keinen Wortbruch begehen, sondern nach Lösungen für eine Stadthalle suchen
dass
— die dringend notwendigen Kindergärten in Kernstadt und Lienzingen zügig gebaut werden
dass
- die Integrationsarbeit mit Menschen verschiedener Herkunft als Beitrag zum inneren Frieden in unserer Heimatstadt verstanden wird - wir begrüßen sehr das gemeinsame Forschungsprojekt mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (DfU) - das schmückt eine Stadt
dass
- die Ortskernsanierungen von Lomersheim, Mühlhausen und Lienzingen sowie im Bereich Waldenserstraße/Enzstraße zu einer weiteren Aufwertung auch für innerörtliches Wohnen führen
dass
- die Umsetzung der Pläne für die Wohngebiete Bauerngewand in Mühlhausen und Pferchäcker in Lienzingen sowie das Schließen weiterer Baulücken in der gesamten Stadt auch 2020 erfolgen
dass
- die Stadtbau GmbH, die Investoren in der Ziegelei und andere ihre Bemühungen um bezahlbare Mietwohnungen verstärken
dass
- die im Haushalt eingestellten 2,2 Millionen Euro - und damit mehr als bisher - für die Sanierung städtischer Straßen auch ausgegeben werden. Wir sind für realistische und damit finanzierbare Planungen. Große Planungen brauchen großes Geld und das haben wir nicht
dass
- die Sanierung von Schulen, Kindergärten und Gemeindehallen, so in Lomersheim und Enzberg, fortgesetzt wird.
Der Hinweis auf die Verschuldung der Stadt ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn unterlassene Sanierungen sind auch Schulden, fallen später zudem meist teurer aus.
Deshalb die immer noch ausgesprochen vorteilhaften Kommunal-Darlehen zu nutzen, um die Sanierung zu verstärken, dürfte unterm Strich günstiger sein. Dagegen für Investitionen, soweit möglich, privates Kapital zu gewinnen und dann als Stadt in Miete zu gehen, wäre eine Variante, die die CDU-Fraktion mittragen kann.
Unsere Heimatstadt fit für die Zukunft zu machen, heißt, nachhaltig zu arbeiten, die klimafreundlichen Komponenten in unserem Zusammenleben - etwa bei der Nutzung von Verkehrsträgern - zu verstärken und auch weiterhin die Schlaglöcher auf der Datenautobahn zu beseitigen durch ein Glasfasernetz, von dem - als Ziel - alle Haushalte und Betriebe erreicht werden. Wir sollten uns auch um Forschungsprojekte bemühen wie etwa welche fürs autonome Fahren.
Bei den erneuerbaren Energien sind wir Spitze mit einem Anteil von 58,6 Prozent (jedenfalls laut meiner Stromrechnung der Stadtwerke). Das hat einen Goldenen Nachhaltigkeitspokal verdient. Machen wir mehr aus solchen Top-Zahlen. Wir haben etwas zu bieten, doch irgendwie kommen wir mit der Information nicht rüber. Imagearbeit heißt Öffentlichkeitsarbeit, beides ist nur mäßig ausgerüstet.
Fit für die Zukunft zu sein heißt auch, über das Jahr 2020 hinaus zu schauen und die Stadtentwicklung inhaltlich voranzubringen. Der Flächennutzungsplan läuft bis 2025. Das Lamentieren um ein fehlendes größeres Gewerbegebiet bringt uns in der Sache nicht weiter.
Tun wir das, was der Gemeinderat am 17. Mai 2019 beschlossen hat: Die Stadt Mühlacker entwickelt ein Konzept zur qualitativen Weiterentwicklung der Stadt mit Vorrang für die Innenentwicklung. Hierzu sollen sich Vertreter von Stadtverwaltung, Gemeinderat und betroffene Gruppierungen (GHV, IHK, Handwerkskammer) sowie interessierte Einwohner auf Einladung der Stadtverwaltung zusammenfinden. Es ist der Versuch wert! Eine Erfolgsgarantie kann jedoch niemand geben.
Die Menschen machen eine Stadt aus, stärken die Zivilgesellschaft und das Wir-Gefühl. Gebäude und Straßen, damit die gebaute Infrastruktur, sind das Eine, was eine Stadt attraktiv macht. Einwohner, die sich für diese Stadt in vielfältiger Weise wie zum Beispiel bei den Bürgerprojekten einbringen, sind das Andere.
Unser Kapital sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, ihrer Einrichtungen und Gesellschaften. Wir wertschätzen sie und bei allen Kontroversen, die eben auch dazu gehören, gilt Ihnen unser uneingeschränkter Dank. Den wir ebenso den Steuerzahlern und allen, die sich auch ehrenamtlich engagieren, sagen. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat ist gut und das ist doch etwas Wert.
Wir sind keine reiche, aber auch keine arme Stadt. Und die Höhe der Liquidität ist ganz gut. Halten wir uns einfach an das, was in Lukas 14, Vers 28 steht: "Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es zu Ende zu führen."
Ein solider Ratschlag, wobei allerdings Mühlacker mit der neuen Hauptfeuerwache zeigt, dass auch notwendig ist, die Kosten einzuhalten. Wenn sich nun alle Aktiven der Wehr auf ihr neues Domizil freuen und weiterhin mit noch größerer Begeisterung ihren Dienst tun, dann lassen sich auch die Kostensteigerungen leichter ertragen - wiewohl solche Verteuerungen künftig zu verhindern sind. Aber daran arbeiten wir bekanntlich!
Abschließend möchte ich die Pläne für die Schulen im Lindach nochmals aufgreifen. Sowohl die Gemeinschaftsschule Schillerschule als auch die Mörike-Realschule sind wichtige und tragfähige Säulen unserer Schulstadt Mühlacker. Deshalb sollten wir trotz der 64 Millionen Euro einen kühlen Kopf bewahren, klären, wie hoch die Gelder aus Stuttgart sind, wie wir ein Konzept, auf das wir uns hoffentlich verständigen, in wie viel Abschnitten verwirklichen können. Wir stehen mit solchen Kosten nicht allein.
81 Millionen Euro muss die Stadt Freiberg im Kreis Ludwigburg für eine neue Oscar-Paret-Schule mit Sporthalle aufbringen. 64 Millionen sind 15 Millionen weniger... ein schwacher Trost.
Und dann wäre noch dies zu ergänzen: Laut zwei Urteilen des Verwaltungsgerichts Stuttgart von 2015 zum Geislinger Schulstreit können Umlandgemeinden an den Kosten von Schulsanierungen und -neubauten beteiligt werden.
In der ersten Phase sind betroffene Kommunen angehalten, auf freiwilliger Basis eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu schließen. Kommt es zu keiner Einigung, startet der Schulträger eine formelle Anfrage an das Kultusministerium, ob rechtliche Voraussetzungen für die Beteiligung anderer Kommunen vorliegen.
Sollte das Ministerium diese Frage bejahen, wird in der dritten Phase ein weiterer Versuch einer freiwilligen Einigung gestartet. Scheitert dieser erneut, kommt in der vierten Phase die Möglichkeit einer Klage in Betracht.
Ich sage nicht, dass dies so kommt. Aber die Instrumente zu kennen, schadet nie.