Stadtverwaltung zieht Schlussfolgerungen aus dem Abbruchfall Friedenstraße 12 – Sie will vorher genauer hinschauen

03.04.2022

Denn das von der Stadt beseitigte Gebäude Friedenstraße 12 gleich neben dem Lienzinger Rathaus war älter als im Werteplan „Etterdorf Lienzingen“ angenommen. Der war immerhin Basis für die Anordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, über den historischen Ortskern von Lienzingen vor rund zehn Jahren den Schutzschirm aufzuspannen.

Mühlacker-Lienzingen. Die Stadtverwaltung wird bei Gebäuden in geschützten Ortskernen künftig genauer hinschauen, wenn deren Abbruch geplant ist. Das versichert Oberbürgermeister Frank Schneider in der Antwort auf eine Anfrage des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Günter Bächle. Der Lienzinger Stadtrat wollte wissen, welche Folgerungen im Mühlacker Rathaus aus dem Fall gezogen werden.

Denn das von der Stadt beseitigte Gebäude Friedenstraße 12 gleich neben dem Lienzinger Rathaus war älter als im Werteplan „Etterdorf Lienzingen“ angenommen. Der war immerhin Basis für die Anordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, über den historischen Ortskern von Lienzingen vor rund zehn Jahren den Schutzschirm aufzuspannen.

Doch Friedenstraße 12 sei nicht in der amtlichen Denkmalliste gestanden, was zur Abbruchentscheidung des Gemeinderats verleidet habe, nachdem die Stadt als Eigentümerin niemand gefunden habe, der die Immobilie sanieren wollte. Dies allein könne aber nicht Maßstab für Entscheidungen sein, einen Platz abzuräumen. Im Gespräch mit dem Bauforscher Tilmann Marstaller zeigte sich, so Bächle weiter, für die Gesamtanlagesatzung und die Abgrenzung des geschützten Areals sei der Werteplan ein wichtiger Orientierungspunkt, hätte aber im konkreten Fall eine vertiefende Untersuchung gut vertragen.

Solche Diskussionen brachen zum Beispiel auch in Tübingen auf, so der Stadtrat. Dort habe sich Oberbürgermeister Boris Palmer überzeugen lassen, dass vor einer unverrückbaren Entscheidung ein Objekt mit scharfem Blick geprüft wird.

„Daran mangelte es bei Friedenstraße 12“, so das Fazit des Christdemokraten. Denn inzwischen stellt sich seinen Angaben zufolge heraus, dass es in diesem Fall vorher keine vertiefende Untersuchung gab, jedoch glücklicherweise eine fotografische Dokumentation durch die städtische Hochbauabteilung, die dafür ein besonderes Lob verdiene. Deren Bewertung durch Marstaller ergab, dass Baujahr nicht 1900 war, sondern 1800. „Aber da war das Haus schon weg.“ Deshalb wollte er von der Stadtverwaltung wissen, welche Konsequenzen sie aus dem Fall Friedenstraße 12 zieht.

Die Antwort: Die Verwaltung will künftig vorher genauer hinschauen und damit dem Beispiel von Tübingen folgen. Die Verwaltung schlussfolgert aus dem Fall, dass künftig vor dem Abbruch von Gebäuden im Eigentum der Stadt, deren (junges) Alter nicht offensichtlich ist, eine diesbezügliche Untersuchung erfolgen soll, um Irrtümer auszuschließen und gegebenenfalls verborgene Kulturdenkmale zu entdecken.

Auch bei privaten Gebäuden sei durch die denkmalrechtliche Genehmigungspflicht selbst von Nicht-Denkmalen innerhalb der Gesamtanlagensatzung Etterdorf Lienzingen die eingeschränkte Möglichkeit der Prüfung gegeben. Voraussetzung: Erste Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um ein zwar nicht eingetragenes, tatsächlich aber gegebenes Kulturdenkmal handeln könnte.

Dies gilt nach Auffassung der Verwaltung nicht in gleicher Weise für verborgene Kulturdenkmale außerhalb des Geltungsbereiches der Satzung für die Gesamtanlagen - also im gesamten Rest der Stadt. Hier fehle es im Regelfall an einer Rechtsgrundlage für entsprechende Forderungen, häufig seien die Gebäudeabbrüche sogar baurechtlich verfahrensfrei, können also ohne Vorankündigung durch den Bauherrn erfolgen.

Insgesamt stehen in der der mittelalterlich geprägten Ortsmitte von Lienzingen 85 Kulturdenkmale, berichtet Bächle. Die Verfasser von Werteplan und Ortsanalyse urteilten 2011 in puncto Friedenstraße 12: Ein erhaltenswertes historisches traufständiges Gebäude - erhaltenswert aus sozialgeschichtlichen und siedlungstopografischen Gründen.

Der Fall zeige aber auch, dass selbst im Mühlacker Ratssaal nicht allen klar sei, was in Lienzingen unter Schutz stehe: die gesamte Anlage - sprich Ortsmitte, somit nicht nur einzelne Kulturdenkmale. Das müsse, so das Ratsmitglied, mehr in die Debatten einbezogen werden. Umso wichtiger sei es, die Auflage von Regierungspräsidium und Landesdenkmalamt einzuhalten, die durch den Abbruch entstandene Lücke in spätestens drei Jahren zu schließen.



Nach dem Abbruch ist vor der Neubebauung: Friedenstraße 12, ein geräumter Platz.zoom
Nach dem Abbruch ist vor der Neubebauung: Friedenstraße 12, ein geräumter Platz.
 

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