Klimaschutz und Denkmalschutz: Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion greift Anregungen aus Mühlacker auf

16.08.2022

Weiterhin Einzelfallprüfung, aber die Genehmigung erleichtert – Sonderstellung hat das Etterdorf Lienzingen, da der historische Ortskern in seiner Gesamtheit unter Schutz steht- C DUJ stellt Antrag im Gemeinderat

Mühlacker. „Wir konnten Verbesserungen erreichen“, schrieb der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Manuel Hagel, seinem Kollegen im Mühlacker Gemeinderat, Günter Bächle. Denn es seien immer wieder Probleme aus der Praxis bei Klimaschutz in Abwägung mit dem Denkmalschutz aufgetreten, so dass eine Erleichterung der Installation von Solaranlagen auf Kulturdenkmalen notwendig gewesen sei. Bächle hatte einen Fall aus Lienzingen dem Chef der zweitgrößten Regierungsfraktion mitgeteilt, als Beispiel für eine eigentlich nicht zu vertretende Ablehnung eines Antrags auf Photovoltaik auf einem Scheunendach.

Er sei mit Stadtrat Günter Bächle der Auffassung, die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und Klimaschutz im Allgemeinen sowie die Errichtung von Solaranlagen auf oder an Kulturdenkmalen im Besonderen sei keine Einzelfallthematik, sondern habe Bedeutung für das ganze Land, so Hagel. „Entsprechend verankerten wir bereits im Koalitionsvertrag, die Installation von PV-Anlagen und Solarthermie grundsätzlich auch auf denkmalgeschützten Gebäuden – auch bei welchen im Privateigentum – zu ermöglichen.“

Die Errichtung von Solaranlagen – also sowohl Photovoltaik- als auch Solarthermieanlagen – an oder auf Kulturdenkmalen nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) sei aus Sicht des Schutzrechtes für Denkmäler grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Ob der Denkmalschutz eine Genehmigung erteilen könne, müsse jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten geprüft werden. In diese Prüfung würden selbstverständlich Belange des Klimaschutzes genauso eingestellt wie etwa auch eine denkmalfachliche Bewertung und die Interessen der Eigentümer des Kulturdenkmals.

Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen habe als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes daher kürzlich Leitlinien für die Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung erlassen, durch die die Installation von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden erleichtert werden soll. Die Genehmigung nach Paragraf 8 Absatz 1 DSchG sei insoweit bei Kulturdenkmalen nach Paragraf 2 DSchG regelmäßig zu erteilen. Hagel: „Nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals kommt eine abweichende Entscheidung in Betracht.“

Die Leitlinien des Ministeriums sehen unter anderem vor, bei Anträgen sei zu prüfen, ob sich Alternativstandorte beispielsweise auf nachrangigen Nebengebäuden besser für die Errichtung von Solaranlagen eignen. Bestünden künstlerische Schutzgründe für das Kulturdenkmal, sei gesondert zu begründen, ob das Erscheinungsbildes erheblich beeinträchtigt würde und/oder ein erheblicher Substanzeingriff bei der Errichtung von Solaranlagen vorliege. „In diesem Fall ist diese dann regelmäßig nicht genehmigungsfähig“, zitiert die CDU-Ratsfraktion aus den Leitlinien.

Solaranlagen müssten sich, so die Leitlinien weiter, der eingedeckten Dachfläche unterordnen. Das sei insbesondere der Fall, wenn

o das Dach des Kulturdenkmals durch die Solaranlage nicht fremdartig überformt werde; aufgesetzte Solarelemente müssten so viel Abstand von den Dachkanten halten, dass das Dach in seiner Kontur noch ablesbar bleibe
o die Solaranlage möglichst flächenhaft angebracht sei; keine „Briefmarken“ über die Dachfläche verteilt;
o die Solaranlage farblich weitgehend an die Farbe der Dacheindeckung angepasst sei und eine matte Oberfläche aufweise.

Die Genehmigungsbehörden hätten ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum auszuschöpfen. Gegebenenfalls seien Nebenbestimmungen in Erwägung zu ziehen.

Unberührt würden die Kulturdenkmale bleiben, die im Schutzbereich einer bereits anerkannten oder einer potentiellen Stätte von außergewöhnlichem universellen Wert für die Menschheitsgeschichte (UNESCO-Weltkulturerbe) liegen.

Die Landesdenkmalpflege habe zudem weitere Projekte initiiert, um über neu entwickelte Lösungen der Photovoltaiknutzung an Kulturdenkmalen noch besser beraten zu können und arbeite hier mit Fraunhofer ISE zusammen. Gleichzeitig legte das Ministerium die Broschüre „Denkmalpflege und erneuerbare Energien“ auf.

Fraktionsvorsitzender Hagel versicherte seinem Mühlacker Kollegen, dass „mir die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist“. Die Landtagsfraktion werde das Thema daher auch seitens der Fraktion weiter im Blick behalten. Ganz aktuell habe sie dazu auch einen Berichtsantrag an die Landesregierung gestellt, der aufzeigen soll, welche Potentiale für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei Kulturdenkmalen möglich sind.

Eine Sonderstellung habe Lienzingen, da der historische Ortskern in seiner Gesamtheit unter Schutz stehe, 2012 abgesichert in der Schutzsatzung „Etterdorf Lienzingen“. Die CDU-Fraktion im Gemeinderat beantragte vor der Antwort aus Stuttgart, die Stadtverwaltung solle beauftragt werden, Kontakt aufzunehmen mit dem Landesamt für Denkmalschutz, einen Vorschlag für ein Solarkataster für das Etterdorf Lienzingen zu erarbeiten und dem Gemeinderat zur Entscheidung vorzulegen.

In der Begründung schreibt Fraktionsvorsitzender Günter Bächle, „Kulturdenkmale und denkmalgeschützte Gesamtanlagen sollen einen zusätzlichen Beitrag zur Energiewende leisten“. Ein wesentlicher Bestandteil hiervon sei die Ausrüstung von Dächern mit Solaranlagen, die dem jeweiligen Denkmalwert gerecht werde. Mithilfe des Instruments eines Solarkatasters könne ausgelotet werden, wo und wie die Belange des Klimaschutzes mit den Belangen des Denkmalschutzes angemessen in Einklang gebracht werden können. Gesamtanlagen seien in Baden-Württemberg ein elementarer Bestandteil der Kulturlandschaft und ein hohes Schutzgut.

Das Landesamt für Denkmalpflege wolle den Kommunen und unteren Denkmalschutzbehörden mit dem Solarkataster ein Planungsinstrument an die Hand geben, um von oft kontroversen Einzelfallentscheidungen zu einer aus denkmalfachlichen Sicht begründeten und planerisch abgestimmten Gesamtlösung zu kommen, zitiert Bächle die Behörde. „Eine solche unter Schutz stehende Gesamtanlage ist das Etterdorf Lienzingen.“

„Wir wollen den Denkmalschutz nicht schmälern - im Gegenteil“, hatte der Mühlacker Fraktionsvorsitzende an Hagel im Mai geschrieben: Gerade Lienzingen sei ein Beispiel für eine intakte historische Ortsmitte. Aber dies könne doch im Einklang stehen auch mit einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energie gerade mit Photovoltaik auf Dächern. Dazu sollten auch die Landesbehörden sensibilisiert werden. Hier sieht Bächle durch die Hagel-Antwort Verbesserungen.

Als Beispiel für eine verträgliche PV-Nutzung nennt der Stadtrat ein Beispiel aus Lienzingen: Die Solaranlage sei bei Friedenstraße 9 auf der Scheuer am rückwärtigen Scherbentalbach farblich mit der Ziegelfarbe abgestimmt.

Scheuer von Friedenstraße 9: Ziegel und PV Ton in Ton. Foto: Günter Bächlezoom
Scheuer von Friedenstraße 9: Ziegel und PV Ton in Ton. Foto: Günter Bächle
 

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