30.04.2023
CDU-Ratsfraktion geht den Gründen nach – Stadtverwaltung räumt im Nachhinein ein Versäumnis ein: Gemeinderat und Öffentlichkeit hätten informiert werden müssen
Mühlacker. Trotz klarer Zusagen der Stadtverwaltung und der vom Gemeinderat 2015 bereitgestellten Gelder ist der Spielplatz für das Wohngebiet Ulmer Schanz nie gebaut worden. Doch bis heute zeige die Verwaltung keinerlei Bemühen – weder schriftlich noch mündlich – den Betroffenen gegenüber zu erklären, weshalb sie ihre Zusagen nicht eingehalten hat, beklagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Günter Bächle, in einer Gemeinderatsanfrage. Er begab sich damit auf Spurensuche.
In ihrer Antwort räumt nun die Stadtverwaltung Versäumnisse und Mängel in der Kommunikation ein. Das betrifft auch Änderungen in einem Teil des Bebauungsplanes „alte Ziegelei“, in dem nach den ursprünglichen Plänen nur eine kleingliedrige zweigeschossig Bebauung neben der Ulmer Schanz vorgesehen gewesen sei.
1.
Stadtrat Günter Bächle: Im Schreiben vom 12. August 2015 an Frau H. und die Fraktionsvorsitzenden heißt es, mit der Herstellung des Spielplatzes werde im Herbst 2015 begonnen. Weshalb wurde die Zusage nicht eingelöst? Liegt ein Gemeinderatsbeschluss vor, den Spielplatz nicht zu bauen?
Antwort Stadtverwaltung: Mit dem Versprechen, im Herbst 2015 auf dem Ziegeleiareal mit dem Bau des Spielplatzes zu beginnen - als Übergangslösung für die benachbarte Ulmer Schanz - war die Stadtverwaltung eigener Einschätzung zufolge im Nachhinein betrachtet wohl zu optimistisch, was die Aufarbeitung von Rückständen durch die Gartenschau anging. Mit dem Beschluss im Gemeinderat, den Spielplatz an der dafür festgelegten Stelle am südwestlichen Rand des Ziegeleiareals zu bauen, habe der Schlagabtausch der Anwohner im Gebiet ‚Ulmer Schanz‘ begonnen, heißt es in der Antwort aus dem Rathaus. „Während die einen endlich eine Spielgelegenheit wollten, wollte das andere Lager lieber keinen Spielplatz als einen an der ausgesuchten Stelle“, schreibt Oberbürgermeister Frank Schneider. „Dort, hinter der Feldhecke, wären die Kinder zu abseits, als dass ein Spielplatz für kleinere Kinder Sinne mache, so die Meinung der Gegner. Zwischen diesen beiden Lagern stand das Fachamt, das zu diesem Zeitpunkt mit vielen dringenden Themen befasst war.“
Während der amtsleiterlosen Zeit beim Umwelt- und Tiefbau der Stadt 2016/2017 habe es generell kaum freie Kapazität gegeben, Projekte anzugehen. Die freien Kapazitäten seien in dieser Zeit für essenzielle und für unstrittige Projekte genutzt worden. Durch die beiden, im Wunsch nach einem Spielplatz sehr uneinigen Gruppierungen, sei amtsintern das Projekt zurückgestellt worden. Es habe sehr viele wichtige Projekte mit dauerhafter Wirkung gegeben, so dass ein Spielplatz für die Dauer von zwei bis drei Jahren nicht die erste Priorität genossen habe. Im Jahr 2018 sei das Gelände an die Hofkammer veräußert worden. Von da an sei das für den Spielplatz vorgesehene Gelände in der Planung aufgegangen; die Planung und der Bau also obsolet. Der OB: „Nein, es liegt kein Gemeinderatsbeschluss vor den Spielplatz nicht zu bauen.“
2.
Frage: In Anlage 2 zur Gemeinderatsvorlage 060 aus dem Jahr 2014 ist gut die damalige kleingliedrige 2-geschossig geplante Bebauung neben der Ulmer Schanz zu erkennen. Die Verwaltung schreibt, an dieser Stelle seien künftig Grünanlagen vorgesehen. Auf welcher Basis/Planung kam es zu dieser Aussage der Verwaltung?
Antwort: Die Verwaltung widerspricht. An dem in der seinerzeitigen Vorlage beispielhaft dargestellten Standort eines Übergangsspielplatzes („möglicher Standort“) lasse sich nicht der Rückschluss ziehen, dort seien künftig Grünanlagen vorgesehen. Dort sei vielmehr dreierlei vorgeschlagen worden:
- den Standort für den Kinderspielplatz nicht im Aischbühl, sondern in der Ziegelei zu wählen.
- dabei auf eine gute Erreichbarkeit aus der Ulmer Schanz/dem Aischbühl zu achten
- den Spielplatz möglichst im ersten Bauabschnitt unterzubringen, um eine möglichst frühzeitige Realisierung sicherzustellen.
Die Einschätzung der Südwestecke als Grünanlage finde sich in der Mail an die Anwohnerin H. vom 12. Mai 2015. Im städtebaulichen Entwurf mit Planstand vom 20. Juli 2015, also zum Zeitpunkt des Schriftverkehrs, ist laut OB Schneider eine öffentliche Grünfläche dargestellt, allerdings ohne nähere Spezifikation. Sie wäre grundsätzlich als Kinderspielplatz, aber auch als einfache (dann aber üppige) Randeingrünung, denkbar gewesen.
3.
Frage: Warum wurde diese Planung von 2015 aufgegeben?
Antwort: Die Gesamtplanung für die Ziegelei von 2015 sei vor dem Hintergrund einer sich qualitativ wie quantitativ deutlich verändernden Situation in der Wohnraumnachfrage voll-ständig überarbeitet worden, schreibt die Stadtverwaltung. Die Zahl der Wohneinheiten, der Anteil an Geschosswohnungsbau und daraus resultierend die Leistungsfähigkeit der Erschließung hätten eine vollständige Überarbeitung der Planung weg von einem doppelten Kammsystem zu dem nun präferierten Leitersystem erfordert. Von erheblicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang auch die inzwischen gewonnenen Informationen zur Geologie und die daraus resultierende Erkenntnis gewesen, dass Erdmassen in erheblichem Umfang bewegt werden müssten und deshalb dem Erhalt der vorhandenen Topografie ein weitaus geringeres Gewicht beizumessen gewesen sei als ursprünglich erwartet.
4.
Frage: Weshalb vertritt die Verwaltung jetzt in diesem Quartier AO die fünfgeschossige Bauweise?
Antwort: Der vom Gemeinderat beschlossene städtebauliche Entwurf vom Juli 2022 stelle im Cluster A0 - im Bereich der Straßenecke Sammelstraße Süd/West - zwei Baukörper mit vier und fünf Geschossen dar. Der Bebauungsplan, der aus diesem Entwurf entwickelt worden sei, setze keine Geschossigkeit, sondern aus Gründen höherer Genauigkeit eine maximale Gebäudehöhe in Meter über Normalhöhennull fest: In diesem Bereich würden im Rahmen des Bodenmanagements erhebliche Geländemodellierungen stattfinden, so die Stadtverwaltung. Die absolute Gebäudehöhe im Cluster A0 liege mit 271,50 Meter im Bereich der Firsthöhe des gegenüber gelegenen Gebäudes Ludwigstraße 1 (271,64 Meter) in der Ulmer Schanz.
Aus Sicht der Verwaltung setzt der Bebauungsplan den städtebaulichen Entwurf mit hoher Genauigkeit um.
5.
Frage: Kann die Verwaltung verstehen, dass bei solchen Erfahrungen das Vertrauen der betroffenen Bürger und Bürgerinnen in Verwaltung und Gemeinderat deutlich gelitten habe?
Antwort: „Unglücklich war wohl, dass der ursprünglich geplante Interimsspielplatz ohne weitere Information gegenüber den Anwohnern nicht gebaut wurde“, heißt es in der vom OB unterschriebenen Antwort des Fachamtes. Auf den Bau sei durchaus begründet verzichtet worden, weil die Verwaltung von mehreren Anwohnern das Signal erhalten habe, dass ein Spielplatz an dieser Stelle keine Akzeptanz finde. Allerdings hätte dies gegenüber der ganzen Anwohnerschaft und auch gegenüber dem Gemeinderat kommuniziert werden sollen.
Die städtebauliche Planung für das Gebiet „Ziegelhöhe“ habe sich aufgrund veränderter städtebaulicher Rahmenbedingungen seit 2014 innerhalb von neun Jahren grundlegend verändert. Insbesondere sei aufgrund der zuvor praktisch nicht vorhandenen, inzwischen aber enorm hohen Nachfrage nach Geschosswohnungsbau eine höhere Verdichtung umgesetzt worden. Dass sich in diesem Prozess Nutzungszuordnungen, zumal in untergeordneten Randbereichen, innerhalb des Plangebiets ändern, hält die Verwaltung für eine schiere Selbstverständlichkeit, die einen vorgetragenen Vertrauensverlust nicht rechtfertige. „Gerade die Anwohner der Ulmer Schanz bestehen ja – und zwar ausdrücklich zurecht – darauf, dass Änderungen im Planungsprozess möglich sein müssen, solange dieser nicht durch Satzungsbeschluss abgeschlossen ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings in allen Fällen und kann nicht selektiv nur dann gelten, wenn unerwünschte Planinhalte geändert werden sollen.“
Tatsächlich werde die Beschlusslage von 2014 sogar umgesetzt, meint die Verwaltung: Auf der Ziegelhöhe würden in guter fußläufiger Erreichbarkeit aus dem Aischbühl attraktive Kinderspielmöglichkeiten geschaffen – und zwar im ersten Bauabschnitt. Sie entstünden nicht an der Stelle, die als „möglicher Standort Kinderspielplatz“ mit einem Kringel markiert gewesen sei. Allerdings zeige sowohl die Wortwahl als auch die eher ungefähre Flächenabgrenzung, dass es sich dabei – jedenfalls 2014 beim Beschluss über die SV 060/2014 - nicht um eine abschließende Standort-bestimmung gehandelt habe. Der OB: „Bedauerlich ist, dass sich die bauliche Umsetzung des Gebiets und damit auch des Kinderspielplatzes durch den Rückzug des ursprünglichen Eigentümers aus der Projektentwicklung, die Suche nach einem neuen Investor und die umfassenden Planänderungen um einige Jahre verzögert hat.“ Allerdings sei die Verwaltung der Überzeugung, dass die vorgenommenen planerischen Änderungen geeignet seien, das Gebiet auf eine qualitativ andere Stufe zu heben als die ursprüngliche Planung.
Der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion begrüßt die „Vergangenheitsbewältigung durch die Verwaltung und das Eingeständnis von Versäumnissen“. Sie müsse daraus aber auch Konsequenzen ziehen und ihre Kommunikationspolitik deutlich verbessern. Günter Bächle sieht den Bedarf an einem Mehr an Kommunikation bei allen Projekten, besonders auch den größeren. Der Mangel zeige sich auch schon bei der Präsentation der Überlegungen für die neue Stadtmitte bis hin zum Stand der geplanten Kindertagesstätte in Lienzingen.