„Man hat resigniert und akzeptiert das Procedere notgedrungen“

30.01.2022

Kontroverse zwischen Minister und CDU-Ratsfraktion wegen Ausnahmen vom Schutzmittel-Verbot in den Felsengärten in Mühlhausen - „Wenn Wengerter wegen der Bürokratie resignieren, ist das kein gutes Zeichen für den Weinbau und damit auch nicht für den Erhalt unserer so schönen Kulturlandschaft, die für uns Heimat ist.“

Mühlhausen: Infotafeln entlang des Wegs zum Naturschutzgebiet Felsengärtenzoom
Infotafeln entlang des Wegs zum Naturschutzgebiet Felsengärten

Mühlacker-Mühlhausen. CDU-Stadtrat widerspricht CDU-Minister. Während Landespolitiker Peter Hauk die Regelungen als praktikabel, einfach und relativ unbürokratisch empfindet, spricht der Kommunalpolitiker vor Ort, Wolfgang Schreiber, von großem Bürokratismus. Uneinig sind sie über das das Verfahren zur Genehmigung des Ausbringens von Pflanzenschutzmitteln in Weinbergen, die in Naturschutzgebieten wie in den Felsengärten von Mühlhausen liegen. Der Minister für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz, hatte das Verfahren in einem Brief an den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Mühlacker, Günter Bächle, verteidigt.

Die Folgen des geänderten Naturschutzgesetzes auf den Weinbau gerade in den Mühlhäuser Felsengärten war Thema der ersten Runde des Briefwechsels zwischen Mühlacker und Stuttgart, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Ausnahmen für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln seien zulässig, wenn die Anwendung bestimmter Mittel für den Erhalt des Schutzgebietes unerlässlich sei, so Peter Hauk.

Das sei für den Erhalt des Weinbaues in diesem Gebiet der Fall. Die Winzer könnten für ihre betroffenen Flurstücke einen Ausnahmeantrag stellen und sich dazu auf eine Liste der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg setzen lassen, um von dort die Mittel zu beziehen, die in Naturschutzgebieten bei Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung zulässig seien, schreibt der Minister. Die Wengerter müssten lediglich ihre Adresse sowie die betroffenen Flächen in den Antrag eintragen. Die Ausnahmen würden für fünf Jahre erteilt.

Die Mühlacker CDU-Ratsfraktion ist damit nicht zufrieden. Vorsitzender Günter Bächle stützt sich in seiner Antwort auf die Kommentierung von Wolfgang Schreiber, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Mühlhäuser Stadtrat, Hobby-Wengerter und Mitglied der Genossenschaft in Roßwag – ein „eigentlich schon resignierender Text“, so der Fraktionschef.
Die Beschlüsse zum Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten läuft nach Schreibers Auffassung in solchen Gebieten konträr gegen Schutzzwecke, deren Schutzziel ohne Pflanzenschutz nicht zu erreichen sei und er nennt als Beispiel das Naturschutzgebiet Enztal in Mühlhausen: „Ziel ist hier der Erhalt der Trockenmauern und des Terrassenweinbaus.“

Ärgerlich sei, dass im Vorfeld Hoffnungen geschürt worden seien, in solchen Gebieten eine generelle Ausnahmegenehmigung, zum Beispiel über die Gemeinden oder Genossenschaften, zu erteilen. Schreiber verweist auf den Vortrag von Ex-Umweltminister Franz Untersteller auf der gemeinsamen Veranstaltung von Grünen und CDU in Mühlhausen Anfang 2021. Im Nachgang hätten dann mehrere Kontakte zwischen der Genossenschaft und dem Regierungspräsidium stattgefunden, Hoffnungen seien geweckt worden. „Im Dezember wurde, ohne weitere Rücksprache entschieden, und diese Entscheidung erhielten alle Grundstückseigentümer in dem Gebiet im Dezember in einem Schreiben plus Antrag mitgeteilt.“

Das bedeutet, so Schreiber, jeder für sich habe das nun zu beantragen. Wenn auch eine Genehmigung, die fünf Jahre gilt, im Raum stehe, sei das doch ein großer Bürokratismus. „Ich bin mir auch sicher, dass einzelne Bewirtschafter das nicht beantragen und einfach so weiterarbeiten wie bisher. Bis dann der Ärger aufschlägt, falls tatsächlich kontrolliert wird“: Im Naturschutzgebiet Enztalschlinge in Mühlhausen handle es sich um 54 Grundstücke, geschätzt davon würden noch zirka 40 Parzellen weinbaulich bewirtschaftet. Es seien somit 40 Anträge.

Nach seinem Infostand wird seitens der Genossenschaft Lembergerland nichts mehr weiter unternommen. „Ich denke, man hat resigniert und akzeptiert das Procedere notgedrungen. Ich werde das Thema hiermit auch zu den Akten legen, werde halt für mein Grundstück den Antrag wegschicken. Ich denke, das ist für mich im wahrsten Sinne der Zahl einmalig. In fünf Jahren bin ich in einem Alter, in dem man den Steillagenweinbau aufgibt - mangels Nachfolger.“ Dann werde es eben ein weiteres verbuschtes Grundstück geben, Schutzzweck adieu, es sei denn, es gebe einen Käufer, was wohl eher nicht der Fall sein werde.

Kommunen und Land könnten kein Interesse an immer mehr Brachflächen in den Steillagen haben, betont Bächle im Einklang mit Schreiber. Da die Betroffenen offen sagen, die veröffentlichten Regelungen für Ausnahmegenehmigungen für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln seien, entgegen der Meinung des Ministers weder praktikabel noch einfach noch unbürokratisch.
, sehe die CDU-Gemeinderatsfraktion die Aufgabe, bei Hauk für eine Änderung zu werben. „Nun ist nichts so unumstößlich geregelt als dass es keine Änderung geben kann, so man diese will. Deshalb bitten wir Sie, die Angelegenheit überprüfen zu lassen.“

Schaden könne es nie, sich mit den Betroffenen vor Ort zu unterhalten und Meinungen auszutauschen. Die Fraktion würde gerne Hauk, wenn es die Corona-Lage zulasse, wieder einmal in Mühlhausen an der Enz begrüßen. Das Thema bleibe sicherlich aktuell. Günter Bächle: „Wenn Wengerter wegen der Bürokratie resignieren, ist das kein gutes Zeichen für den Weinbau und damit auch nicht für den Erhalt unserer so schönen Kulturlandschaft, die für uns Heimat ist.“

Steillagen im Naturschutzgebiet Felsengärten in Mühlhausen. (Fotos: Günter Bächle)zoom
Steillagen im Naturschutzgebiet Felsengärten in Mühlhausen. (Fotos: Günter Bächle)
 

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