Voller Kostenersatz plus 15 Prozent: 115 Prozent für die beiden freien Träger hat nichts mehr mit diesem Subsidiaritätsprinzip zu tun -

09.11.2021

Aufträge von insgesamt mehr als 700.000 Euro p.a.: Wir bezahlen und sind trotzdem nur Bittsteller. Das ist zu wenig. Was wollen CDU, LMU und SPD für die künftige Struktur der Jugendsozialarbeit erreichen?

Was wollen CDU, LMU und SPD für die künftige Struktur der Jugendsozialarbeit erreichen? Befinden wir uns mit dem Antrag auf dünnem Eis? Wir wollen Verbesserung und sind sicher, dass die Stadt diese Aufgabe (wieder) übernehmen darf. Gezielte Hilfen für Kinder und Jugendliche in Mühlacker sind gerade nach der Pandemie besonders notwendig: Aus diesem Grund muss die Stadt bei der Jugendsozialarbeit für ihr Geld mehr zu sagen und auch das entscheidende Wort haben.

Mobile Jugendsozialarbeit:
Die Stadt begann zirka 2006 mit der mobilen Jugendsozialarbeit ("städtisches Streetwork"). Da gab es noch keinerlei Aktivitäten von freien Trägern auf diesem Gebiet in Mühlacker, die Stadt machte also niemandem Konkurrenz. Die 0.75 %-Stelle war auch im Stellenplan der Stadt verankert. 2009 beauftragte die Stadt miteinanderleben e.V. mit dieser Aufgabe. Die Dienst- und Fachaufsicht für die 0,75 wurde durch Personalgestellungsvertrag vom 1.8.2009 an miteinander leben e.V. übertragen (Vorlage 082/2009).

Wir holen also die Trägerschaft auf die Stadt zurück, weil wir mit der Arbeit seit dem Wechsel des ganzen Personals nicht zufrieden sind.

Schulsozialarbeit:
Nach den Grundsätzen des Ministeriums für Soziales und Integration vom 26.5.2020 werden mit Bezug auf SGB VIII liegt die grundsätzliche Verantwortung für die Planung, Bereitstellung und Förderung von Schulsozialarbeit bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Zuwendungsempfänger sind die Träger öffentlicher Schulen. also die Kommunen. Sie können diese Zuschüsse weitergeben an die Anstellungsträger, in unserem Fall an miteinanderleben e.V. Ergo: Hier handeln wir als Schulträger, entscheiden, was wir wollen, selbst.

Kündigungsfristen:
Kein Grund für Angstmacherei. Der Übergang wird eineinhalb bis zwei Jahre erfolgen, allein schon aus den Kündigungsfristen der Verträge mit miteinander leben und Plan B. Die Kündigungen sind frühestens zum 1. Januar 2023 möglich.
Was immer von den Gegnern des Antrags unterschlagen wird: im gemeinsamen Antrag wird von einer Übernahme des Personals ausgegangen. „Parallel hierzu müssen die Verträge mit den betreffenden Trägern gekündigt werden. Zeitgleich muss mit dem vorhandenen Personal und den jetzigen Trägern verhandelt werden, ob eine Übernahme des Personals möglich und gewünscht ist. Wo dies nicht möglich oder gewünscht ist, sind die entsprechenden Stellen auszuschreiben.“

Wie die Landschaft Jugendsozialarbeit aussieht:

Remchingen kündigte die Verträge mit miteinander leben und stellte die drei Sozialarbeiterinnen bei der Gemeinde an, "um nicht mehr über einen Dritten die für uns wichtigen Themen bespielen zu müssen" / Reibungsverluste (BM Prayon). Keine rechtlichen Bedenken, auch nicht von außen. Der Bürgermeister: Ein Volltreffer! – Bei uns sind das auch einer der Gründe für unseren Antrag.

Laut Statistisch.em Landesamt von 2019: Angebote der Jugendarbeit, je nach Art, machen bis zu 46 Prozent Kommunen selbst. Gilt auch für mobile Jugendarbeit (Kommunalverband für Jugend und Soziales/ KVJS) und offene Kinder- und Jugendarbeit (KVJS)

Nicht anzunehmen ist, dass all diese Gemeinden rechtswidrig unterwegs sind.

Auch die Antwort des Kreisjugendamtes auf die Anfrage von Kreisrat Bächle vom 3.11.2021 bringt keine Erschwernisse für unseren Plan. Keine Pflicht, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Stadt und Kreis abzuschließen. Von einer Übertragung der Jugendhilfe-Zuständigkeit vom Kreis auf die Stadt gehen wir nicht aus, wäre nicht notwendig.
Das Bundesverfassungsgericht sprach in einem Urteil vom 21.11.2017 von der Allzuständigkeit der Gemeinden. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendreferate im Städtetag und Gemeindetag legte 2013 eine Handreichung vor, sieht darin Jugendarbeit vor allem bei den Kommunen und spricht sich dagegen aus, dass das Subsidiaritätsprinzip voll angewendet wird

Wir werden den gemeinsamen Antrag ergänzen um den Zusatz:

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, mit dem Kreisjugendamt des Enzkreises Kontakt aufzunehmen mit dem Ziel, zusammen mit dem Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) das Verfahren zur Umstrukturierung "Jugendsozialarbeit" rechtssicher zu gestalten.

Eigenanteil:
Die jetzigen beiden Träger tragen keine Eigenmittel zur Finanzierung bei, das wird aber im § 74 SGB VIII gefordert. Stattdessen lassen sie sich die Arbeit zu 100 Prozent bezahlen, verlangen zusätzlich 15 Prozent für die Arbeit ihrer Pforzheimer Zentralen. Gleichzeitig Stadt nur Bittsteller. Ergo: Wenn das Subsidiaritätsprinzip gelten soll, läge hier ein klarerer Verstoß vor. 115 Prozent hat nichts mehr mit diesem Subsidiaritätsprinzipzu tun. Die Eigenanteil-Forderung wird auch in Caritas Spezial erhoben.

Bisherige Stationen:
7.2.2019 - CDU-Antrag zur Schulsozialarbeit, 4.6.2019 LMU-Antrag. Beide drücken - vor Corona! - ihre Unzufriedenheit mit der Arbeit der beiden Träger aus. Aber die wollten den Knall nicht hören. Deshalb nach monatelanger Vorbereitung am 1. Juli 2021: gemeinsamer Antrag CDU, LMU und SPD. Plötzlich werden die Träger wach, geht ja um Aufträge von insgesamt mehr als 700.000 Euro p.a. Wir bezahlen und sind trotzdem nur Bittsteller. Das ist zu wenig.
Günter Bächle


 

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