„Die EU streicht keine Buslinien, sie will aber Wettbewerb vor Ort“
Europaabgeordneter Daniel Caspary bei der CDU-Kreistagsfraktion Enzkreis – Brüssel soll Telekom auf die Finger klopfen
 
Friolzheim. Mit einer Reduzierung der Gelder für die Regionalförderung der Europäischen Union nach 2012 durch die Europäische Union (EU) rechnet der Europaabgeordnete Daniel Caspary, Er empfahl deshalb den Kommunen, geplante Projekte, für die Unterstützung aus dem EU-Topf in Anspruch genommen werden soll, trotz angespannter Finanzlage in den nächsten beiden Jahren auch anzugehen. Caspary hatte sich mit der CDU-Kreistagsfraktion Enzkreis am Donnerstagabend in Friolzheim getroffen, um die Auswirkungen von Brüssel auf die Entscheidungen vor Ort anhand konkreter Beispiele zu diskutieren.
Denn immer mehr Themen auch in den Gemeinderäten und Kreistagen werden von Vorgaben der EU tangiert, sagte Fraktionsvorsitzender Günter Bächle (Mühlacker). Deshalb sei auch die Rückkoppelung zwischen den lokalen Mandatsträgern mit Europapolitikern wichtig. Caspary berichtete, zahlreiche Projekte würden auch im Enzkreis unter anderem aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert. Ähnliches gelte für Entwicklungsprogramme des Landes für den ländlichen Raum. Die Zuschüsse seien noch bis 2012 gesichert. Weil aber die Einnahmen der EU zurückgehen würden bei gleichzeitig zusätzlichen Aufgaben, sei für die die Jahre danach mit Einschnitten zu rechnen. Zudem würden Mittel von der Agrar- und Regionalförderung auf Forschung und Wissenschaft umgeschichtet.
Ein weiterer Schwerpunkt des Treffens war der Ausbau der Breitbandversorgung. Caspary sagte, Brüssel habe dafür zusätzliche Gelder locker gemacht, sei aber gefordert, wenn es gelte, den Wettbewerb vor Ort zu sichern. Die Kernfrage: „Inwieweit öffnen die Betreiber von Telefonnetzen diese für Mitbewerber, um die Versorgung der letzten Meter bis zu den Haushalten und Betrieben mit höheren Übertragungsraten zu erreichen?“ Dies betreffe vor allem die Telekom. Günter Bächle sagte nach den Erfahrungen von Mühlacker, die Telekom behindere Alternativen, komme aber selbst ihren Verpflichtungen zum Ausbau der Breitbandversorgung nicht nach. Brüssel solle der Telekom auf die Finger klopfen. Straubenhardts Bürgermeister Willy Rutschmann informierte über die Probleme seiner Kommune, Glasfasernetze in Gewerbegebieten zu verlegen, weil ein Funkanbieter am Markt vertreten sei. Caspary sicherte zu, die zuständige Generaldirektion der EU auf diese Fälle gezielt anzusprechen.
Lob hatte der Abgeordnete für das Landratsamt Enzkreis parat, das bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Fleischhygiene seine Spielräume so genutzt habe, dass alle Anträge von Metzgereien habe entsprochen werden können. Im Enzkreis waren von 27 Unternehmern - 20 Schlachtbetriebe und sieben  Sonstige -  Anträge auf Zulassung nach dem neuen Hygienerecht der Europäischen Union (EU) gestellt worden. Mit einem Anteil von 62 Prozent habe der Enzkreis einen höheren Anteil als manche anderen Landkreise. Es sei Aufgabe vor Ort, auch die Möglichkeiten zu nutzen, die Brüssel biete. Das gelte sowohl für Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete (FFH) als auch bei Arbeitszeitrichtlinien für Klinikärzte. In der Umsetzung gebe es zu große Unterschiede. Auf Fragen von Kreisrat Joachim Gerlich (Tiefenbronn) stellte Caspary klar, dass die EU-Richtlinie für Trennsysteme bei der Abwasserbeseitigung nicht für bestehende Wohngebiete gelten sollen, sondern nur für neue. Sonst würden auf die Kommunen erhebliche Kosten zukommen.
Sind die Verträge des Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE) mit dem Beihilferecht der EU vereinbar? Wie Kreisrätin Christa Pfisterer berichtete, würden derzeit vom VPE alle Vereinbarungen entsprechend überprüft. Diese Arbeit sei noch nicht abgeschlossen. Beihilfen, so Caspary, dürften nicht den Wettbewerb behindern. „Die EU streicht keine Buslinien – sie will nur, dass Wettbewerb zwischen den Anbietern herrscht.“ Öffentliche Mittel müssten wirtschaftlich eingesetzt werden. Jeder Anbieter müsse sich in bestimmten Abständen neu bewerben und seine Konditionen dem Markt anpassen. Pfründe könne es nicht geben, darin waren sich Caspary und die CDU-Kreisräte einig.
 
(20.11.2010)