Für Dauerausstellung zur Löffelstelz-Geschichte im Heimatmuseum – CDU-Stadträte besuchten Scherbabuzzer – Archäologe Tilmann Marstaller informierte – Funde kommen zunächst ins Archäologische Landesarchiv Rastatt
 
Mühlacker. Mit den Zeitzeugen der Löffelstelz-Geschichte beschäftigten sich Mitglieder der CDU-Gemeinderatsfraktion, als sie am Donnerstagabend zu Besuch bei den Scherbabuzzern waren, der ehrenamtlichen Helfertruppe der Archäologen während der Grabarbeiten auf der Ruine. Die Stadträte ließen sich von  Alterturmsforscher Tilmann Marstaller sowie dem Sprecher der Scherbabuzzer, Bernd Wellinger, über den aktuellen Stand der Aufbereitung der Funde informieren. Der Aufwand für die Zeitzeugen der Burg hätten sich als Basis der neuen Erkenntnisse sowie für die populärwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Auswertungen gelohnt. Ziel sei nun eine repräsentative und selbsterklärende Darstellung der Zeit des Spätmittelalters im Heimatmuseum.
 
Die Christdemokraten unterstützen den Plan, 2009 in der Schriftenreihe der Stadt einen Band über die Forschungsergebnisse zur Löffelstelz  zu veröffentlichen. Gleichzeitig treten sie dafür ein, Funde in einer Dauerausstellung im Heimatmuseum über das Spätmittelalter zu zeigen und dies als Chance zu nutzen, das Museum auch nach den neuesten didaktischen Vorstellungen auszurichten. Die Exponate müssten, so CDU-Fraktionsvorsitzender Günter Bächle in der Zusammenfassung des Gesprächs, stärker in einen zeitgeschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch könne das Museum nur gewinnen. Statt einer reinen Sammlung sollten die Gegenstände in Zeitfenstern zusammengefasst werden, wobei auch die Geschichte der Stadtteile einbezogen werden müsse – beim Spätmittelalter zum Beispiel die der Wehrkirchen von Lienzingen und Großglattbach.
 
 
Bei den Scherbabuzzern am Leoweg: Tilmann Marstaller (links), neben ihm Fraktionsvorsitzender Günter Bächle und die Stadträtin Erika Langner, von rechts die Stadträte Wolfgang Buchtala, Dr. Patricia Schraishuhn sowie Bernd Wellinger von den Scherbabuzzern.
 
 
Insgesamt sind von den Scherbabuzzern in ihrem Domizil am Leoweg zwischen 30.000 und 40.000 unterschiedliche Funde aufbereitet worden, berichtete Wellinger. Jedes Stück habe man fünf- oder sechs Mal in die Hand nehmen müssen – vom Ausgraben über das Säubern und Sortieren bis zur Erfassung in einer extra dafür von Marstaller angelegten Datenbank und der Verpackung. Bisher seien etwa 11.000 Stücke in der elektronischen Kartei registriert worden und damit etwa ein Viertel. Marstaller rechnet damit, dass diese Arbeiten in den nächsten Monaten abgeschlossen werden können. Er erfasst die Stücke, wiegt sie, fertigt mit dem Scanner jeweils ein Bild an und die Scherbabuzzer liefern notwendige Zeichnungen mit Größenangaben und Querschnitten, mit denen der Computer ebenfalls gefüttert wird. Die Laien hätten sich inzwischen selbst gute Fachkenntnisse angeeignet, ein solches Engagement sei einmalig, sagte Marstaller: „Dadurch konnten weitaus mehr Funde gesichert und erfasst werden als bei einer Ausgrabung allein mit hauptamtlichen Kräften.“  Ein solcher Zeitaufwand ehrenamtlicher Kräfte sei selten im Land.
 
Derzeit erfolge die archäozoologische Bestimmung und die Auswertung der Tiefknochenfunde durch eine Expertin.
 
Die Funde landen, wie die CDU-Stadträte erfuhren, im Archäologischen Landesarchiv Rastatt, das allerdings bereit sei, Stücke als Dauerleihgabe für eine Ausstellung im Heimatmuseum der Stadt zu überlassen. Eine Chance, die genutzt werden sollte, wie Marstaller, Scherbabuzzer und Ratsmitglieder übereinstimmend sagten. Es sei wichtig, die Exponate plastisch darzustellen und dem Betrachter den Alltag der Menschen in der Zeit, als das Löffelstelz-Areal bewohnt war, nahezubringen. Was den Fundkomplex so wertvoll mache, seien nicht die einzelnen Scherben, Knochen oder Metallstücke, sondern seine Vollständigkeit, welche die seltene Gelegenheit auch für eine statistische Auswertung des Fundmaterials biete, die wiederum Rückschlüsse auf das Leben der Menschen zulasse.
 
Zahlreiche Teile von Ofenkacheln belegten den Wohnkomfort in den Stuben, die mit Kachelöfen beheizt wurden. Scherben von Kochgefäßen würden Zeugnis geben von der Kochkunst des 13. bis 15. Jahrhunderts. Eierspeisen bereitete man in Dreifußpfännchen zu, der mittelalterlichen Vorläuferin der Bratpfanne. Stellvertretend für die vielen Metallfunde steht ein gut erhaltenes Türschloss aus dem 15. Jahrhundert. „Nun lässt sich das Spätmittelalter in seinen ganzen Facetten darstellen – nicht wie es allgemein war, sondern ganz konkret in unserer Heimat“, fasste Wellinger zusammen.
 
(11.02.2008)